Qualitätssicherung & -Prüfung
Nimmt mit OER die Qualität der Bildung ab?
Nach der Deutschen UNESCO-Kommission e.V. (2017) gewinnt Bildung durch gemeinsam weiterentwickelte Materialien an Qualität (vgl. ebd., 4. Absatz). Offene Lizenzen ermöglichen diese Weiterentwicklung. Qualität ist subjektiv: Sie steht in Abhängigkeit individueller Ziele sowie Vorstellungen. Somit können bestenfalls Qualitätskriterien erarbeitet werden, die zwar nicht die Meinung aller Teilhabenden, jedoch die einer bestimmten Gruppe, widerspiegeln. Während das Thema Qualität somit allgemein Diskussionspotenzial mit sich bringt, scheint es in Verbindung mit freien Bildungsinhalten ungleich komplexer.
Weil statische Verfahren der Qualitätsprüfung (QP) und -sicherung (QS) aufgrund der Prozesshaftig-, Aktualisier- und Individualisierbarkeit von offenen Bildungsressourcen ungeeignet sind, müssen neue Konzepte erarbeitet und bestehende weiterentwickelt werden. Diese Debatte könnte gegenwärtige Perspektiven zu Qualität im Bildungsbereich verändern und das Angebot verbessern (vgl. Wikimedia Deutschland e.V., 2016, S. 32, S. 35).
Speziell im tertiären Bildungssektor muss ein Umdenken stattfinden. Der ausbleibende Gemeinschafts- und der dominierende Wettbewerbsgedanke verhindern die Verbreitung von OER (vgl. Wikimedia Deutschland e.V., 2016, S. 34). Zugleich besteht die Sorge vor einem Reputationsverlust, der durch Einblicke in die Forschung und Kritik an dieser entstehen könnte. Demnach ignoriert ein solcher Standpunkt die Chance, Bildungsressourcen durch stete Weiterbearbeitung beispielsweise leichter aktuell zu halten. Zugleich profitieren Themen von kontroversen Standpunkten und der aufkommenden Mehrdimensionalität. Das Fehlen von Einrichtungen und einer durchdachten Finanzierung zur QS und QP stellen weitere hochschulische Herausforderungen dar. Der Schlüssel für den Gebrauch von freien Bildungsquellen und für Fragen zur Qualität liegt möglicherweise in der Attraktivität und Weiterverarbeitung der Materialien. Schließlich schaffen die vermehrte Verwendung, Überarbeitung, Korrektur und Kontextualisierung qualitativ hochwertige OER, was diese zugleich attraktiver macht. Steigt die Attraktivität, so steigt auch die Nutzung (vgl. ebd., S. 35).
Welche Verfahren zur Qualitätssicherung und -prüfung bieten sich im Kontext von OER an?
Ein Blick auf zukünftige Verfahrensweisen zur Sicherung von Qualität verdeutlicht: es erfordert mehr als die Bereitschaft zur Veränderung. Ehrenamtliches Engagement und dezentrale Strukturen bei der QS und QP reichen wohl kaum aus, um OER zu fördern. Gratifikations- und Anreizsysteme sowie hochschulische Zielvereinbarungen werden zwangsweise zunehmend an Bedeutung gewinnen müssen (vgl. Wikimedia Deutschland e.V., 2016, S. 36, S. 38). In der Praxis verhält es sich konkreter: Der Einsatz von Qualitätssiegeln, deren Vergabe und Trage von öffentlichen Institutionen geschieht, stärkt vielleicht das Vertrauen in OER.
Das Prinzip des Peer Reviews [1] bietet grundsätzlich Potenziale hinsichtlich einer wirksamen Qualitätskontrolle, wenngleich deren Anwendung stets nach Bildungsstufe und -bereich variiert. Ein solches Bewertungs- und Überarbeitungssystem baut auf ethisch korrektem und ehrlichem Verhalten aller Beteiligten auf, was zugleich den größten Angriffspunkt der Methode darstellt [2] (vgl. Starck 2018, S. 45). In Verbindung mit freien Bildungsressourcen muss hierbei die Frage geklärt werden, wer eine solche Expertise zum Review – abseits von Fachexperten – besitzt. So könnten etwa auch die Nutzenden durch Bewertungssysteme wie Sternchenvergabe die Qualität einer Ressource einstufen. An der Hochschule wäre es demnach denkbar, sowohl Studierende als auch Bibliotheken und E-Learning-Zentren in die QS mit einzubeziehen (vgl. Wikimedia Deutschland e.V. 2016, S. 38). Kriterienkataloge, wie sie etwa auf dem Bildungsserver Sachsen-Anhalt (BLSA) [3] zur Verfügung stehen, bieten Anhaltspunkte für minimale Qualitätsstandards, die von allen einzuhalten sind.
Fußnoten:
[1] Peer Review – die Begutachtung, Überarbeitung und Fehlerkorrektur durch Fachkollegen – gilt in vielen wissenschaftlichen Disziplinen, wie etwa der Medizin sowie den Natur- oder Ingenieurwissenschaften, als gängiges Verfahren der Qualitätskontrolle und -sicherung (vgl. Spielkamp 2013).
[2] Um weitere Kritik und Variationen des Peer Reviews kennen zu lernen, folgt der Hinweis auf: Starck, Matthias (2018). Peer Review für wissenschaftliche Fachjournale. Strukturierung eines informativen Reviews. Wiesbaden: Springer, S.43-52.
[3] Die Webseite ist abrufbar unter: https://www.bildung-lsa.de/index.php?KAT_ID=2059, zuletzt abgerufen am: 19.03.2018.
Literatur:
- Deutsche UNESCO-Kommission e.V. (2017). Open Educational Resources. Abrufbar unter: http://www.unesco.de/bildung/open-educational-resources.html, zuletzt abgerufen am: 14.02.2018.
- Spielkamp, Matthias (2013). Open Access. Abrufbar unter: http://www.bpb.de/gesellschaft/medien/urheberrecht/169981/open-access, zuletzt abgerufen am: 21.02.2018.
- Starck, Matthias (2018). Peer Review für wissenschaftliche Fachjournale. Strukturierung eines informativen Reviews. Wiesbaden: Springer.
- Wikimedia Deutschland e.V. (2016): Praxisrahmen für Open Educational Resources (OER) in Deutschland. o.O.:Wikimedia Deutschland e.V..
Nimmt mit OER die Qualität der Bildung ab? von Vincent Dusanek für OERinForm, 2018. Lizenz: CC BY-SA 4.0.